Das Feuerrad

feuerrad_02Den ersten schriftlichen Beleg für einen Feuerbrauch dieses Typs in Deutschland bietet die Chronik des Klosters Lorsch. Am 21. März 1090 vernichtete ein Feuer große Teile des Klostergebäudes, hervorgerufen durch eine brennende Holzscheibe, die als Volksbrauch zur Frühlingstagundnachtgleiche in die Luft geschleudert wurde. Ein solcher Brauch ist auch heute noch als Scheibenschlagen bekannt.

Im 19. Jahrhundert wurden in der Moseleifel brennende Räder von Bergen und Hügeln heruntergerollt, während zeitgleich ein Strohmann verbrannt wurde. Unter anderem für Wittlich ist dieser Brauch belegt, wo er zum Michaelsfest am 29. September ausgeübt wurde. Bei Gerolstein wurde er bis ins Jahr 1816 praktiziert. Hier wurde ein brennendes Rad von einer Anhöhe zum Fluss Kyll hinunter gerollt. In Oberstadtfeld wurden brennende Räder am ersten Fastensonntag gerollt. Ebenso wurde bei Konz zum Invocavitfeuer ein Feuerrad ins Moseltal herabgerollt. Im niederdeutschen Sprachraum wurde das Rollen von Feuerrädern hingegen nicht mit der Fastenzeit und den Invocavitfeuern, sondern mit den Osterfeuern verbunden. Solche Osterräder finden bis in die heutige Zeit Verwendung.

Auch zum vierten Fastensonntag, dem Laetare, wurden in Teilen Deutschlands Feuerräder gerollt, so beispielsweise bei Eisenach und in Franken. Den Brauch bei den Franken beschreibt auch Jacob Grimm 1854 in seinem Werk Deutsche Mythologie:

»Sie flechten ein Wagenrad voller Stroh, tragen es auf einen hohen […] Berg, haben darauf, so sie vor Kälte mögen bleiben, den ganzen Tag ein[en] guten Mut, mit vielerlei Kurzweil, singen, springen, tanzen […]. Um die Vesperzeit zünden sie das Rad an und lassen es mit vollem Lauf in das Tal laufen. Das gleich an zu sehen ist, als ob die Sonne von dem Himmel lief.«

Es wird angenommen, dass das Feuerrad in vorchristlichen Zeiten ein Frühlingsbrauch zum Äquinoktium gewesen ist, der sich nach der Christianisierung in die Verbindung mit der Fastenzeit in Südwestdeutschland und mit der Osterzeit im nördlichen Deutschland aufspaltete. Noch heute sind beide Ausprägungen zu finden. Auf ein solches Fest zum Frühlingsäquinoktium weist auch der eingangs beschriebene Klosterbrand am 21. März, also genau zum Termin der Tagundnachtgleiche, hin.

Das Feuerrad in Langenthal

Ein uralter Brauch hat sich in Langenthal über einen sehr langen Zeitraum gehalten:
Das Hinablassen des Feuerrades am Fastnachtdienstag – ein uralter Brauch – bis zum heutigen Tag. Der Winter sollte damit vertrieben und die Fruchtbarkeit der Felder gefördert werden. Da früher auch hier und da der Aberglaube spukte, setzte man das Feuerrad auch gegen böse Geister und Dämonen ein. Heutzutage jedoch, da kaum mehr jemand an böse Geister und dergleichen glaubt, ist das Zu-Tal-Rollen eines Feuerrades gerade in Langenthal ein schön anzuschauendes Spektakel und Vorwand für eine kleine Feier.

Die Herstellung des Rades

Zur Fortbewegung des Feuerrades dient ein frisch geschlagener Fichtenstamm mit einer Länge von ungefähr 15 Metern, der durch die Nabe des Rades geführt wird. Das Rad selbst ist mit einem alten Wagenrad zu vergleichen -> ein Innenring, ein Außenring und das ganze durch Speichen verbunden.

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Zum Herstellen des Rades werden ca. 2 bis 3 Rundballen Stroh benötigt, das am frühen Nachmittag von den Kindern des Ortes getrippelt wird; d. h. die Kinder hüpfen auf dem locker ausgebreiteten Stroh herum bis es geschmeidig genug für die Verarbeitung ist. Anschließend wird das weiche Stroh zu etwa 3 – 5 m langen Zöpfen gedreht, die durch die Speichen des Eisenrades geflochten werden, bis das Rad von 1,5 m Durchmesser vollständig ausgefüllt ist. Somit ist der Sockel für eine hohe Festigkeit im Innern des Rades gelegt und die Männer beginnen damit, das Stroh büschelweise mit speziellem Draht auf das soweit vorbereitete Rad aufzubinden, bis dieses einen Durchmesser von ca. 2,50 m erreicht.

Nun ist das Rad fertiggestellt und wartet darauf, gegen 20.00 Uhr entzündet und zu Tal geführt zu werden.

Als weiteres Highlight werden runde Drahtkugeln mit Stroh befüllt, entzündet und dann von kräftigen Burschen über dem Kopf geschwungen.

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Langenthal hat seinen Brauch bewahrt und hegt ihn mit Freude und Stolz, ein Beispiel für Pflege überkommender Kultur und Naturverbundenheit seiner Bewohner.